Betrifft: „Home Office OK“ ist nicht „Remote Work“
Vor zwei Jahren war die winzige Gemeinde Remote, Oregon, plötzlich ein Boomtown. So jedenfalls schien es, denn es fanden sich mehr und mehr Jobpostings auf Seiten wie Indeed oder LinkedIn. Tatsächlich gibt es in dem Ort aber nur ein paar Häuser, eine ehemalige Tankstelle und einen Campingplatz.
Der eigentliche Grund für die plötzliche Flut an Stellenanzeigen: Viele Stellenbörsen waren nicht darauf vorbereitet, dass so viele Unternehmen in der Pandemie plötzlich Remote Jobs posten wollten. Es war schlicht nicht im System vorgesehen. Oder die Anbieter schauten nicht so genau hin.
Heute hat sich die Situation zwar deutlich verändert. Begriffe wie „Remote Work“, „Work from Home“ oder „Home Office“ sind nicht mehr so fremd wie damals.
Aber wie u.a. Matt Mullenweg (WordPress, WooCommerce, Tumblr …) richtig festgestellt hat: „Remote“ ist nicht gleich „Remote“. Es gibt verschiedene Abstufungen. In seinem Modell sind es fünf.
Diesen Punkt haben sowohl Unternehmen als auch Jobbörsen nur teilweise verstanden. Für jemanden wie mich ist das allerdings entscheidend.
Wie die meisten wissen werden, lebe ich in den USA. Und das auch nicht in einer Tech-Metropole, sondern in Santa Fe, New Mexico. Es ist wunderschön hier. Mehr dazu ein anderes Mal. Aber meine Aufträge muss ich mir selbst mitbringen.
Zudem arbeite ich bislang weiterhin ausschließlich für Kund:innen im deutschsprachigen Raum.
Ich bin also wirklich remote – sozusagen remote remote.
Schwierig wird es, wenn ich mir Ausschreibungen anschaue. Da werden regelmäßig „Remote“-Aufträge angeboten, bei denen man dann aber doch im Büro auftauchen soll. Manchmal wird aus „Remote Job“ beim genaueren Hinsehen ein „Home Office OK“ – Unternehmen, bei denen man ausnahmsweise eventuell vielleicht mal von zu Hause arbeiten darf, solange man weiterhin im selben Ort ist. Wahrscheinlich, damit man das Zähneknirschen des Vorgesetzten noch gut hören kann und dann nie wieder danach fragt.
Es wird Zeit, dass auch deutsche Unternehmen erkennen, dass „Remote“ nicht einfach ein halbherziges Goodie ist, mit dem man versucht, Leute anzulocken. Dahinter steckt ein neues Potenzial, Talente für sich zu gewinnen und die Arbeitskultur zu verbessern.
Insofern: Einfach mal Matt Mullenwegs Artikel lesen. Sein Unternehmen Automattic hat über 2.000 Mitarbeitende und keine Büros. Und nicht nur das: Sie sitzen kreuz und quer über den Globus verteilt. Aus seiner Sicht bringt Ihnen das Vorteile, die sie als klassisch organisiertes Unternehmen nicht hätten.
Geht natürlich nicht immer für jedes Unternehmen, jede Branche, jede Aufgabe. Logisch.
Aber es geht deutlich häufiger als sich das so mancher vorstellen kann.